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Al lavoro a Venezia - Spazzini e Custodi
Deutsches Studienzentrum Venedig Juli bis September 2025


Für eine Weiterführung meines Porträtprojekts "At Work" habe ich zwei Berufsgruppen in den Fokus gerückt, welche für die Besucherströme in Venedig sehr wichtig sind: die Spazzini, die Entsorgungskräfte und StraßenkehrerInnen im Außenraum und die Custodi, das Aufsichtspersonal im kirchlichen Innenraum. Beide Berufsgruppen  sind in der Stadt verankert und haben eine große Bedeutung für den  Tourismus. Sie berühren mit ihren Tätigkeiten und in ihrer Verantwortung weitere, gesellschaftlich relevante Themen, wie den stetig steigenden  Tourismus, die wachsende Müllproduktion, den Umgang von BesucherInnen in und mit dem urbanem Raum, den Umgang mit unserem kulturellen Erbe und  die Fragen nach Religiosität heute.

Die Reinigung in der Stadt mit ihrem sehr engen, verwinkelten, von  Wasser umgebenen Raum ist komplex und organisatorisch anspruchsvoll. Die Spazzini kehren am frühen Morgen, ab 5.00 Uhr, mit aus Reisig  zusammengebundenen Besen den Müll zusammen. Neben dieser alten  Kulturtechnik der Straßenreinigung verfügt Venedig über ein sehr  ausgefeiltes, auf die Stadt zugeschnittenes Müllentsorgungssystem,  welches ohne Lastwagenverkehr auskommen muss und den Müll auf  Wasserwegen abtransportiert. Wie empfinden die Spazzini ihr Tun? Was bereitet ihnen in ihrer Tätigkeit Freude? Gibt es Momente des Überdrusses, wenn sie ihre Stadt jeden Tag wieder vom Müll säubern  müssen? Bei meinen ausschnitthaften Beobachtungen wirkten die  arbeitenden Menschen eher zufrieden, zuweilen wie eine gut  funktionierende Gemeinschaft, ein Agieren im Team und manchmal meinte  ich sogar einen gewissen Stolz in der Stimme zu hören, wenn sie laut vor den Türen rufen: „Spazzino“, was dann kurz und bündig heißt: „Los Leute, her mit dem Müll!“.

Die Arbeitssituation der Kustoden und MitarbeiterInnen in den  Kirchen von Venedig ist ebenfalls vom touristischen Druck bestimmt. Die  Stadt hat ein kulturelles und religiöses Erbe zu verwalten in einer Gesellschaft, welche sich zunehmend von der Kirche abwendet. Viele der  Kustoden und Kustodinnen, mit denen ich gesprochen habe, sind stolz auf  ihre Aufgabe, die Geschichte und Kunst zu bewahren, fühlen sich jedoch  auch mit den praktischen Herausforderungen konfrontiert, die der hohe Touristenstrom in einigen Kirchen mit sich bringt. In manchen Kirchen  wird rotiert, d.h. die MitarbeiterInnen arbeiten nur wochenweise in  derselben Kirche. Wie empfinden die Custodis ihre Situation, wie geht es ihnen, wenn sie tagsüber allein in den Kirchenräumen verantwortlich sind, wie, wenn sehr viele TouristInnen am Tag durch die Räume ziehen?

Mit meinen Fotografien halte ich die Personen an ihren jeweiligen Arbeitsorten und bei ihren Tätigkeiten fest. Da sind die Spazzini vor den Haustüren, um den Müll abzuholen, in den engen Gassen mit ihren Besen und Handkarren, am Fischmarkt und beim Umladen des Mülls auf die  eigens für Venedig konzipierten Müllboote. Auf der anderen Seite zeige  ich die Custodi beim Studieren am Arbeitstisch im Kirchenraum,  beim Anzünden einer Kerze, beim Säubern der Kirchenböden. Mit meinem Projekt möchte ich die Menschen hier mit ihren Aufgaben und in ihrem Tun wertschätzen.     

Mona Breede, 2025